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“Die Demokratie in Ecuador wird triumphieren oder bei helllichtem Tag untergehen”

Ein Interview mit dem ehemaligen Außenminister von Ecuador, Guillaume Long.
Das Sekretariat der Progressiven Internationale hat sich mit Guillaume Long zusammengesetzt, um den eskalierenden Angriff auf die Demokratie in Lateinamerika zu diskutieren — und wie wir dagegen vorgehen können.

Vom 18. bis 20. September wird die Progressive Internationale (PI) ihren Eröffnungsgipfel veranstalten, zu dem Mitglieder aus der ganzen Welt zusammenkommen. Als Teil des Gipfels wird die PI unter anderem die “Lawfare”-Taktiken der Rechten in Lateinamerika diskutieren. Das Ganze wird moderiert von “Wiphalas Across the World”, mit Luis Arce, Andrés Arauz, Alicia Castro & anderen. Registriere dich hier für den Gipfel.

Progressive Internationale: Wie würden Sie die derzeitige Situation in Ecuador beschreiben?

Guillaume Long: In Ecuador geht es gegenwärtig darum, ob durch eine zunehmend autoritäre Regierung die Demokratie triumphieren oder bei helllichtem Tag untergehen wird.

Es ist eigentlich ziemlich faszinierend zu denken, dass die eigene Ästhetik und der selbsterklärte politische Kurs dieser Regierung auf "Demokratisierung" ausgerichtet war. Es ging um diese von den Eliten verbreitete Idee, dass Correa Ecuador 10 Jahre lang unter der Herrschaft des Populismus und eines "autoritären Projekts" geführt hatte, und deshalb musste man nach 10 Jahren Correa, auf Spanisch, "descorreizar" — den Correa-Staat und die Corísta-Institutionen ungeschehen machen und demokratisieren.

Aber was wir seit dem Ende der Correa-Regierung im Mai 2017 haben, ist ein zunehmend autoritäres Projekt. Wir nennen es "neoliberalen Autoritarismus" und das genaue Gegenteil von Demokratisierung ist jetzt im Gange. Die Exekutive übt nun nahezu totale Kontrolle über das Justizsystem aus, was zu einer riesigen Welle der gerichtlichen Verfolgung oder "Lawfare" gegen die Opposition geführt hat, und im Wesentlichen von der Regierung geleitet wird.

Und der Autoritarismus schleicht sich auf alle möglichen Arten ein. Die Unterdrückung der Proteste auf den Straßen hat beispiellose Formen angenommen. Wenn man an die Proteste vom Oktober 2019 denkt — wahrscheinlich die größten in der zeitgenössischen Geschichte Ecuadors, sicherlich die größten in meiner Generation —, sie trafen auf extrem unterdrückende, extrem brutale Menschenrechtsverletzungen, wie sie Ecuador seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hatte. Es gab elf Tote auf den Straßen, etwa 1500 Verletzte und über 1200 Inhaftierte.

Es handelt sich also um eine echte Zunahme autoritärer Praktiken in allen Bereichen, ob man sich nun den Zusammenbruch der institutionellen Kontrolle und Gleichgewichts oder die schiere Unterdrückung von Protesten und Menschenrechten ansieht; und außerdem, zum ersten Mal seit Jahrzehnten, politische Gefangene. Einige Menschen, darunter auch gewählte Amtsträger, wurden inhaftiert und monatelang in Untersuchungshaft gehalten, aufgrund von Dingen, die sie in den sozialen Medien sagten. Hochrangige Mitglieder der Correa-Bewegung wurden unter dem Vorwurf der "Rebellion" angeklagt, weil sie den Rücktritt des Präsidenten gefordert hatten, was völlig rechtmäßig und in der Verfassung vorgesehen ist. Nach den Protesten im Oktober gab es eine Welle von Verhaftungen von Personen, die nur wenige Monate zuvor gewählt worden waren, darunter der Präfekt von Pichincha — dem US-amerikanischen Äquivalent des Gouverneurs eines Bundesstaates — in dem Quito, die Hauptstadt Ecuadors, liegt. Die Gouverneurin dieser Provinz, Paola Pabon, die der Correísta-Bewegung “Movimiento Revolucionario Ciudadana” (die Bürgerrevolution-Bewegung) angehört, wurde, ebenfalls unter dem Vorwurf der Rebellion, festgenommen und mehrere Monate lang inhaftiert. Inzwischen wurde sie wieder freigelassen, aber der Prozess ist noch im Gange.

Wir haben jetzt Politiker, Mitglieder der Opposition, die im Exil leben und zu Asylsuchenden geworden sind — darunter gewählte Abgeordnete, Mitglieder der Nationalversammlung, die aus Ecuador fliehen mussten. Auch das ist etwas, was seit Jahrzehnten nicht mehr passiert ist. Es handelt sich um Menschen, die aus Ecuador fliehen mussten, wegen Dingen, die sie gesagt haben, wegen ihrer Rolle in den Protesten, aus Angst vor Vergeltungsschlägen oder für die Sicherheit ihrer Familien.

Das bedeutet im Wesentlichen, dass dieser neoliberale Autoritarismus in Wirklichkeit eine Rückkehr dessen ist, was in Lateinamerika als "la guerra interna" oder "interner Krieg" verstanden wird — diese ganze Doktrin, die auf der Aufstandsbekämpfung, auf inneren Bedrohungen der nationalen Sicherheit, auf dem härteren Vorgehen gegen die Linke und die Progressiven beruht. Es ist eine reale Rückkehr zu diesem Klima des Kalten Krieges.

PI: Es gibt eine sehr interessante Beziehung zwischen "la guerra interna", die in Ecuador stattfindet, und der Internationalisierung der “Lawfare”-Taktiken zur Zerstörung demokratischer Institutionen. Wie sehen Sie Ecuador im Kontext dieser breiteren, globalen Transformation?

GL: Ich denke, das ist ein regionales geopolitisches Projekt, das von lateinamerikanischen Eliten in Zusammenarbeit mit bestimmten Sektoren in den Vereinigten Staaten geleitet wird. Es ist wirklich erstaunlich, wie ähnlich sich die Situation in sehr unterschiedlichen lateinamerikanischen Ländern entwickelt hat.

All das folgt auf auf eine progressiven Phase in der lateinamerikanischen Geschichte. Es gab eine bedeutende Anzahl von Staaten, die ein anderes Verhältnis zur Welt und zu den Vereinigten Staaten wollten, ein anderes Entwicklungsmodell, mit einer anderen Wirtschaft, mit einer größeren Rolle für den Staat, staatliche Regulierung, öffentlichen Investitionen und natürlich mit einem starken Fokus auf die Verringerung von Armut und Ungleichheit. Und das hat etwa zwischen den Jahren 2000 und 2012 90 Millionen Menschen aus der Armut befreit.

Jetzt beginnt eine neue Phase in der lateinamerikanischen Geschichte, die durch die Rückkehr der konservativen Herrschaft gekennzeichnet ist, insbesondere seit dem Rückgang der Rohstoffepreise in den Jahren 2014-15. Mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten ging auch eine gewisse politische Ermüdung einher. Sicherlich sind im Falle Ecuadors die Jahre 2015-2016 im Hinblick auf das Wachstum sehr schlecht gewesen, aber es gab keine Zunahme von Armut oder Ungleichheit. Und in der Tat ging die Armut trotz des externen Schocks weiter zurück, wenn auch in einem viel langsameren Tempo. Dennoch war das eine schwierige Zeit in Lateinamerika, und zusammen mit anderen Maßnahmen führte sie dazu, dass die Rechte an die Macht zurückkehrte.

In einigen Fällen geschah dies durch Wahlen, wie in Argentinien, in anderen Fällen durch Putsche. Eigentlich begannen sie früher mit Honduras und dann Paraguay, dann in Brasilien und dann in sehr brutaler Form in Bolivien. In anderen Fällen, wie im Fall von Ecuador, geschah dies durch einen ganz anderen Mechanismus: Der Nachfolger, der mit dem Versprechen die Bürgerrevolution fortführen zu wollen gewonnen hatte, änderte seinen Ton und wurde zu einer Art Trojanischem Pferd — ein politischer Verrat im Shakespeare'schen Sinne, indem er diese Kehrtwende um 180 Grad nach rechts machte.

Die Rechte kam also in verschiedenen Ländern auf unterschiedliche Weise an die Macht, aber dann organisierte sie ein ähnliches Programm, sowohl an der wirtschaftlichen Front — die Rückkehr der neoliberalen Strukturanpassungsprogramme des IWF und der Sparpolitik — als auch an der politischen und an der juristischen Front, für politische Verfolgung.

Die Linke wird in Ländern verfolgt, in denen es der Rechten gelungen ist, an die Macht zurückzukehren — und das auf sehr ähnliche Weise. Es geht darum, sicherzustellen, dass die historischen Anführer der Linken nicht an die Macht zurückkehren können. So war Lula im Falle Brasiliens im Gefängnis, weil er die Wahlen gegen Bolsonaro gewonnen hätte, und im Falle Ecuadors ist Correa außerhalb des Landes, weil seine Popularität sonst dem neuen Elitenpakt, der Ecuador regiert, großen Schaden zufügen und den Progressiven helfen würde, wieder an die Macht zu kommen.

Ähnlichkeiten findet man auch, wenn man sich das Gerichtsverfahren gegen Correa ansieht, das auf einem gefälschten Notizbuch basiert — denn im Fall Argentinien geht es ebenfalls um ein sehr verdächtiges Notizbuch. Genau mit der gleichen Technik — Erhalt von Zahlungen und sehr fragwürdige Beweismittel — gibt es ein "copy-paste"-Phänomen zwischen Argentinien und Ecuador. Zwischen Ecuador und Bolivien: Die Versuche, die MAS daran zu hindern, bei den bevorstehenden Wahlen in Bolivien zu kandidieren, sind den Versuchen sehr ähnlich, die Partei an der Existenz und offensichtlich auch an der Kandidatur bei den bevorstehenden Wahlen im Februar 2021 in Ecuador zu hindern. Die Versuche, den Kandidaten in Bolivien, Luis Arce, zu blockieren, sind den Versuchen, Correa in Ecuador zu blockieren, sehr ähnlich. Das Urteil, das Correa im April erhalten hat, verurteilt ihn zu acht Jahren Gefängnis — aber was noch wichtiger ist, es verwehrt ihm für 25 Jahre seine politischen Rechte, was ihn im Wesentlichen davon ausschließt, in diesem Zeitraum in der ecuadorianischen Politik zu kandidieren.

Ich denke, dass dort, wo der Demokratie eine Chance gegeben wird, die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass progressive Regierungen gewählt werden. Argentinien ist ein klares Beispiel dafür. Warum? Weil es eine Sache ist, nach 10-15 Jahren progressiver Herrschaft einen Wechsel zu wollen und für die Rechte zu stimmen. Aber wenn der Neoliberalismus von den rechten Regierungen angewandt wird, die den Wandel in so aggressiver Form durch IWF-Kredite und Auflagen versprechen, wird den Menschen klar, dass dies nicht die Art von Wandel ist, den sie wollten.

Die Menschen haben eine sehr lebhafte Erinnerung an das, worum es bei der progressiven Regierungsführung ging: die Rückkehr zur Unabhängigkeit, die Verringerung von Armut und Ungleichheit, große Infrastrukturarbeiten, die sich tatsächlich auf Arbeitsplätze und Wirtschaft, aber auch auf ihre Rechte auswirken: der Bau von Schulen, Krankenhäusern, Autobahnen in einigen der verlassensten Teile des Landes. Im Falle Ecuadors waren es Wasserkraftwerke, Häfen, Flughäfen, Infrastruktur für die systemische Wettbewerbsfähigkeit, die sich tatsächlich positiv auf die privaten Investitionen und Aktivitäten auswirken — all diese Dinge sind den Menschen noch frisch in Erinnerung. Wenn also die Sparmaßnahmen wieder in den Vordergrund rücken, dann ist es unwahrscheinlich, dass man wiedergewählt wird.

Wenn der Demokratie in Brasilien nach zwei Jahren Temer eine Chance gegeben worden wäre, wäre Lula gewählt worden. Wenn der Demokratie nach dem katastrophalen Jahr von Añez eine Chance gegeben wird, dann, so glaube ich, wird die MAS gewählt werden. Wenn die Demokratie in Ecuador eine Chance bekommt — die letzten Umfragen bestätigen das sicherlich —, dann würde Correa, wenn er kandidieren würde, klar gewinnen. Und die ausgewählten Kandidaten von Correas Partei haben eine hohe Wahrscheinlichkeit zu gewinnen, nicht nur auf der Ebene des Präsidenten, sondern auch auf parlamentarischer Ebene, wo Correas Partei wahrscheinlich zumindest die größte Fraktion in der Nationalversammlung haben wird.

Und das alles ist sehr beängstigend für die Eliten, die sehr weit gegangen sind und viele Rubikons durchquert haben, als sie versuchten, gegen die progressiven Kräfte, Correa und Correístas in Ecuador vorzugehen. Und weil sie zu viele dieser roten Linien überquert haben, ist es für sie sehr schwierig, wieder nette Menschen zu werden und in die demokratische und institutionelle Gemeinschaft zurückzukehren. Sie gehen also noch weiter. Es gibt einen guten französischen Ausdruck dafür, "fuite en avant", paradoxerweise vom Problem weglaufen, aber in Richtung des Problems. In diesem Fall geht man sogar noch weiter in die Richtung des Autoritarismus, um dieses Comeback zu verhindern, weil sie sehr besorgt darüber sind, was das bedeuten könnte.

Es gibt also viele Parallelen und viele Ähnlichkeiten zwischen rechtsautoritären Projekten in Lateinamerika zur Zeit.

PI: Lassen Sie uns dann noch einmal kurz auf den Fall Ecuador zurückkommen. Viele Mitglieder des Rates der Progressiven Internationale haben einen Brief an den UNO-Hochkommissar für Menschenrechte sowie an den Sonderberichterstatter für friedliche Versammlungsfreiheit geschrieben und zum Handeln aufgefordert bezüglich des Falls Ecuador und dem fundamental illegalen Manöver der Wahlbehörden, die die Registrierung der “Fuerza Compromiso Social”, der Partei von Rafael Correa, verweigern. Wo stehen wir jetzt in dem Bemühen oder im Kampf für gerechte, freie und faire Wahlen?

GL: Es gibt zwei Strategien, die von der Regierung und ihren Verbündeten durchgeführt wurden, um den potenziellen Sieg von Correas Partei und Anhängern bei den bevorstehenden Wahlen im Februar zu verhindern.

Die erste besteht darin, Correa selbst zu blockieren, weil sie über die politischen Auswirkungen besorgt sind, wenn Correa physisch auf ecuadorianischen Boden präsent ist. Und das mit Immunität, weil man als Kandidat in Ecuador, sobald die Kandidatur angenommen und registriert wurde, Immunität bis nach den Wahlen hat. Das bedeutet, dass Correa in Ecuador im Wahlkampf sein könnte, und er ist ein guter Wahlkämpfer, und sie wissen das, weil sie alle Wahlen gegen ihn in den letzten 10 Jahren verloren haben. Sie wollen ihn also nicht in Ecuador haben. Die Art und Weise, wie sie ihn daran gehindert haben, in Ecuador physisch anwesend zu sein, und ihn dazu verdammt haben, seinen politischen Aktivismus in den sozialen Netzwerken auszuüben, weil selbst die Medien ihm keinen Platz einräumen, besteht darin, dass sie ihm eine Strafe auferlegt haben, die ihn an der Flucht hindert und ihn aus dem Land fernhält.

Jetzt ist es in Ecuador sehr schwierig, jemanden in Abwesenheit vor Gericht zu stellen. Sie haben über 30 Strafverfahren gegen Correa eingeleitet; 25 laufen noch. Aber die meisten dieser strafrechtlichen Ermittlungen konnten nicht zu Gerichtsverfahren führen, die in Abwesenheit verhandelt werden könnten. Und wenn man nicht in Abwesenheit verurteilt werden kann und es kein Schuldurteil gibt, dann können sie Correa nicht von der Kandidatur abhalten. So fanden sie schließlich einen ganz konkreten Fall von Bestechung, der in Abwesenheit verhandelt werden kann. Sie blieben dran und im April dieses Jahres kam es schließlich zu einem Schuldspruch gegen Correa — und zwar aufgrund der Aussage einer seiner Beraterinnen, die behauptet hatte, sie habe mit Correas Wissen Geld von verschiedenen Personen aus der Geschäftswelt erhalten.

Das bringt uns zu dem Notizbuch und dazu, wie das Notizbuch im Präsens geschrieben wurde: "Heute habe ich diese und jene Summe von dieser und jener Person erhalten", und zwar bis auf den exakten Cent genau, und dann in einer weiteren Spalte "Geld übergeben", als ob man bestätigen wollte, dass das Geld "entregado" oder "geliefert" wurde. Ein Tagebuch, in Echtzeit, geschrieben im Präsens, Echtzeit-Buchhaltung und ein Echtzeit-Notizbuch. Doch dann stellte sich heraus, dass dieses Notizbuch tatsächlich vier Jahre nach den angeblichen "Fakten" physisch gedruckt wurde. Correas ehemalige Beraterin, Pamela Martinez, musste also sagen: "Oh nein, ich habe das Notizbuch aus dem Gedächtnis und aus einem Impuls heraus geschrieben". Was dieses Dokument natürlich stark delegitimiert hat. Aber es wurde dennoch unter enormem Druck vom Gericht, von den Richtern, akzeptiert, und es war die Grundlage für dieses Schuldurteil von acht Jahren Gefängnis und einer 25-jährigen Aufhebung der politischen Rechte für Correa.

Nun besteht das Problem aus Sicht der Regierung und des Anti-Correa-Bündnisses darin, dass sie ihn nur dann von der Kandidatur ausschließen können, wenn das Urteil bestätigt wurde oder alle Einsprüche ausgeschöpft sind. Und im Moment hat Correas Verteidigung natürlich gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und die Registrierung seiner Kandidatur ist der 18. September. Wenn die Berufungen bis zum 18. September noch nicht abgeschlossen sind, gilt Correa immer noch als unschuldig und kann für das Amt kandidieren. Es gibt also einen echten Wettlauf gegen die Zeit, damit diese Berufungsverfahren vor dem 18. September erledigt sind.

Unter normalen Umständen, ohne dass die Justiz von der Moreno-Regierung und ihren Verbündeten unter Druck gesetzt wird, könnte es Monate, sogar Jahre dauern, bis das Berufungsverfahren abgeschlossen ist. Aber in diesem Fall war es unglaublich schnell gegangen. Die Pandemie hat im Wesentlichen alle Gerichtsverfahren in Ecuador verzögert und verschoben, die Justiz ist im Prinzip stillgelegt, aber die einzige Ausnahme ist der Fall Correa. Dieser schreitet mit einer Geschwindigkeit voran, die frühere Rekorde der Zweckmäßigkeit in der Verwaltung der ecuadorianischen Justiz bricht. Das ist also eine Methode, wie sie versuchen, ihn zu blockieren. Wir werden sehen müssen, ob ihnen das vor dem 18. September gelingt oder ob es einen ehrlichen Richter gibt, der sagt: "Nein, das akzeptiere ich nicht". Die Eliten sind darüber zunehmend gespalten. Es gibt keine Einstimmigkeit über die Verfolgung von Correa, weil es in Ecuador eine kleine Fraktion der politischen Rechten gibt, die sagt, dass Wahlen ohne Correa, oder Correísmo, oder Correas Partei nicht legitim, nicht glaubwürdig wären und selbst wenn es unsere Leute von der Rechten sind, die gewinnen, wird die nächste Regierung mit politischer Instabilität, Protesten, keiner wirklichen politischen Stärke und keiner wirklichen internationalen Legitimität konfrontiert sein.

In Bezug auf die Partei ist es noch komplizierter, weil Correa bis 2017 eine eigene Partei namens “Alianza País” hatte. Sie war die erfolgreichste Partei in der ecuadorianischen Zeitgeschichte, sie hatte Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, aber auch Referenden gewonnen. Tatsächlich verfügte die Partei in Correas letzter Amtszeit als Präsident über mehr als zwei Drittel der Sitze in der Nationalversammlung und sie war so mächtig, dass sie sogar die Fähigkeit hatte, die Verfassung zu reformieren. Aber im November 2017, wenige Monate nach Morenos Wahl, erkannte Moreno, dass die Partei schnell zu einer großen Bedrohung für ihn werden würde. Sie würde zu einer Oppositionspartei werden, obwohl Moreno selbst Mitglied dieser Partei war. Die Partei begann, gegen die neoliberalen Reformen Morenos zu protestieren. Moreno gelang es, ein weiteres günstiges Urteil zu erwirken, dass ihm im Wesentlichen die Kontrolle über die Partei übergab, was dazu führte, dass die Partei zu einer kleinen Randfraktion wurde. Der Großteil der Mitglieder der Alianza-Partei sprang ab und die Wähler hörten auf, für die Partei zu stimmen, da sie mit Correa in Verbindung gebracht wurde und offensichtlich nicht mit Moreno, der als Verräter angesehen wird.

Moreno ist kein starker Mann. Er ist ein Mann des Übergangs, der bei den nächsten Wahlen nicht selbst kandidieren wird. Er hat die niedrigsten Popularitäts- und Zustimmungswerte in der Geschichte der ecuadorianischen Demokratie seit 1979, er konkurriert mit den Glaubwürdigkeitswerten von Abdalá Bucaram und Jamil Mahuad. Vor einigen Wochen kam eine Umfrage heraus, die Moreno eine Glaubwürdigkeitsbewertung von 8 Prozent gab. Moreno wusste also, dass er keine eigene starke Partei haben konnte, aber was er wollte, war, dass Correa parteilos ist. Er wollte, dass die Correístas kein starkes Instrument in der Opposition gegen ihn haben. Und das ist ihm gelungen. Er hinderte Correa an der Gründung einer Partei, während Correa und seine Anhänger seit November 2017 versuchen, eine neue Partei zu gründen.

Doch das wurde von den von Moreno kontrollierten Wahlbehörden systematisch verweigert. Schließlich gelang es im Jahr 2019 der größten politischen Bewegung, Fraktion, Kraft in Ecuador — Correísmo —, die keine Partei hatte, einen Deal mit einer zuvor existierenden politischen Partei abzuschließen, und so wurde die Partei namens “Fuerza Compromiso Social” als Plattform für Correísmo genutzt. Und Correas Anhänger kandidierten bei den Kommunalwahlen 2019 auf dieser Plattform und schnitten sehr gut ab. Plötzlich hat Correa also eine politische Partei — es ist nicht seine politische Partei, sondern eine politische Partei, die es schon vorher gab — aber immerhin: er hatte eine politische Partei, er konnte kandidieren, man konnte Correísta-Kandidaten haben.

Nun, seit Juli haben die Wahlbehörden diese politische Partei verboten, was wirklich unglaublich ist. Das ist kein sehr subtiler Autoritarismus. Es ist kein subtiler Lawfare. Das ist handfest. Sie haben Correas Partei aus dem Weg geräumt, die Partei, die Correa gründete, dann haben sie ihm verboten, eine neue Partei zu gründen, und als es ihm gelang, eine Vereinbarung zu treffen — er war wirklich gegen die Abmachungen mit einer bereits existierenden Partei — haben sie diese bereits existierende Partei beseitigt. Sie wurde aus dem Wahlregister ausgeschlossen. Diese Entscheidung ist nun angefochten worden, aber in jeder Hinsicht war die Operation erfolgreich, denn Correas Anhänger mussten sich mit einer weiteren Partei einigen, um rechtzeitig ein Ticket vorlegen und bei den Wahlen im Februar 2021 antreten zu können. Unter diesen Umständen und mit diesem Grad an Verfolgung in Wahlen zu gehen, ist äußerst hinderlich, verwirrend für Wähler, unordentlich, unangenehm, und die Regierung Moreno und sein Elite-Pakt wissen das, es war die ganze Zeit ihre Strategie.

Hier sollte die internationale Gemeinschaft ihre wichtigste Rolle spielen — die Regierung Morenos anzuprangern, weil sie keine freien und fairen Wahlen abgehalten, die Opposition verfolgt, Kandidaten ausgeschlossen und versucht hat, die größte politische Kraft von der Teilnahme an den kommenden Wahlen auszuschließen. Aber in Lateinamerika ist die harte, neo-McCarthyismus-Rechte an so vielen Orten an der Macht, dass es keine regionale Reaktion gegeben hat. Die UNO bleibt weiterhin unbewegt; und das interamerikanische Menschenrechtssystem, das auf die Menschenrechtsverletzungen nach den Protesten vom Oktober 2019 reagierte, hat bisher nicht auf die Verletzung der politischen Rechte in Ecuador reagiert.

Das ist also der nächste Schritt: Moreno und seine Regierung international zur Rechenschaft zu ziehen und Druck auszuüben, damit im Februar freie und faire Wahlen abgehalten werden können.

Foto: Jcabezasaguilar

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Translator
Vanessa Jae
Date
03.09.2020
Source
Original article
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